er versucht sich vorzustellen, wie ein keks schmecken könnte.
je nach lebensphase geht er dabei ganz unterschiedlich vor: einmal
erinnert er sich an das zuletzt gegessene keks, das andere mal
versucht er den mittleren geschmack aller zuvor gegessenen kekse zu
ermitteln. irgendwann mal hatte er etwas vom konzeptbegriff 'keks'
gefaselt, später von der idee des 'kekses' und dem idealkeks. in
jüngster zeit spricht er gerne vom modell des kekses. wenigstens
betrachtet er das selbstkritisch und zweifelt daran, daß eine
simulation eines 'kekses' für irgendwas gut sei (ein haarstreubender
gedanke, aber das geistert tatsächlich durch seinen kopf).
wenn er sich erinnern kann (der glückliche), ist es damit leider noch
nicht getan. dann wird das keks erst einmal genau betrachtet, ja
analysiert. wer weiß, es könnte ja nur so aussehen wie das zuletzt
gegessene. wer weiß, es könnte eine attrappe sein, eine falle, ein
mordversuch (ok, das war übertrieben). zum glück kommt das nicht
sehr oft vor. fast immer aber werden kekse in schubladen gesteckt
(kategorisieren nennen menschen das). ich will hier nicht andreas
schubladen aufzählen. jede und jeder hat da ganz verschiedene. das
ist müßig. wir wissen ja, daß es verschiedene kekse gibt (und auch
daß jedes einzelne zählt). nur das schubladisieren ... das fadisiert
gewaltig.
lange zeit hat er sich gequält (ja wirklich, nämlich auch mich),
indem er meinte, er könnte die frage erst beantworten, wenn er
wüßte, warum er ein keks wollen könnte oder sollte. das führte
aber zu nichts außer weiteren fragen. weil er hunger hat; warum hat
er hunger; weil er eine art säugetier ist und essen zum leben
braucht; warum lebt er; warum existiert die welt usw. (wenn das
überhaupt ein ende nahm, dann war's jedenfalls eine offene frage; was
soll ich sagen? das war eine harte, karge zeit.)
eine wesentlich bessere antwort war der vergleich mit anderen: wenn
alle kekse essen, warum sollte er nicht auch kekse essen (sehr
vernünftig). das hat aber nicht lange gehalten, denn schon bald fand
er, daß alle dieselben kekse essen (schön blöd), die ihm nicht
einmal besonders schmecken. flupp, da war die frage "will ich dieses
keks, oder will ich lieber ein anderes keks?" (ui, ui, ui, das hat die
beantwortungszeiten nicht gerade verkürzt; jaja, ich weiß, das wort
'beantwortungszeit' hab ich auch erst bei andreas kennengelernt.)
ein anderer versuch der beantwortung (zugegeben nicht der schlechteste)
lag in der verbindung der eigentlichen frage mit anderen
grundbedürfnissen. das konnte und hat bis heute die verschiedensten
formen angenommen. z.b.: wenn ich das keks will, will ich es nur aus
lust? muß ich lust haben, um das keks wollen zu können? kann ich das
keks und lust haben? sind kekse und lust überhaupt trennbar? kann
ich nur das keks haben, ohne lust? kann ich lust statt keks haben?
(na!? da schlägt das rattenherz höher.) oft endeten diese versuche
aber in der frage, welche nebenwirkungen kekse haben. und ja, nicht
jedes keks ist gut, klar, vor allem nicht auf dauer (wäh, immer dieselben
kekse, wäh). und vertragsbindungen mit kekslieferanten und
abhängigkeiten von bestimmten keksen sind ein übel. (daß ihn das
aber gleich gar so beschäftigen muß?)
sehr abwechslungsreich wurde es, wenn er zu den keksen noch etwas dazu
wollte (nein, nicht kaffee, ich erzähle euch ja nur von den
dingen, die überhaupt eine frage aufwerfen können),
tee, saft, schlagsahne, kompott und eine frau (daß es auch senf
gewesen sein soll, ist ein unbestätigtes gerücht) oder wenn
er das keks in bestimmter form wollte: frisch, trocken, weich, hart,
mit butter gebacken, klein, groß, flach, dick, lang, kurz und
rund (rUnd ist immer gUt). es kam dann allerdings vor, daß er
das keks gegessen hatte, weil ihm der zusatz wichtig(er) war. auf
dauer stieß ihm das aber auf, entweder die kekse oder die
zusätze oder gleich beides.
zwischendurch gab's natürlich auch ganz einfache und kurze antworten
(jaja): ein keks? laß mich mal kosten. mmmhm, gut! danke. (schau,
schau, so geht's auch.) schwieriger wurde das, wenn das keks eingepackt
war. was wenn es nicht schmeckt? wegwerfen? und die offene
packung? oder wenn das keks mit viel mühe gebacken war. kann ich ein
angegessenes keks liegen lassen? kränke ich da niemanden? das führte
dann wieder zu den antworten, wo er versuchte, sich zu erinnern, wie
die kekse das letzte mal geschmeckt hatten. ich hab ihm dann jedes mal
in den hintern gezwickt, wenn er gesagt hat: 'nein danke. sehr nett,
aber ich hab gar keinen hunger.' und dergleichen. wir kennen das.
in guter erinnerung hab ich (rattenklar) die antworten, wenn ihm die
kekse geschmeckt haben (also wenn's dazu kam, daß er eines probiert
hat). dann wollte er noch mehr (ich hab nachgeholfen, was sonst?) von
denselben. großmutter wurde bestochen, mutter wurde zu den kaufhausregalen
gelotst, wo es die besten gab, zuhause wurde tunlichst darauf
geachtet, daß die kekse frisch blieben, die lebkuchenkekse bekamen
apfelscheibengesellschaft, und ... bei menschen muß ja immer irgendwo
ein haken an der scheinbaren idylle sein: es wurde gespart, denn
von guten keksen gab's nicht soviele. oder aber (ich bin unschuldig!)
sie wurden alle auf einmal aufgefressen. dann gab's keine guten mehr
und den rest der woche mußten die weniger guten aufgegessen werden
(nicht ohne nachwirkungen auf den bereits erwähnten beantwortungsversuch
mit erinnerungsfaktor). von neid und gier und eifersucht will
ich gar nicht erst groß erzählen (natürlich blieben mir auch diese
antworten nicht erspart).
eine variante dieser antwort, nicht von andreas, jedenfalls nicht in
dieser form, ist der versuch der konservierung. das ist ja eigentlich
eine gute sache. nur welches (gute) keks braucht schon konservierung,
wo doch zucker drinnen ist? wie auch immer, kekshersteller meinten,
sie müßten die kekse mit konservierungsmitteln vollpumpen. das hat
dann auch andreas eingesehen, daß es das nicht sein kann. seine
antwort war dann (doch etwas schwierig): sind in dem keks konservierungsmittel
? und welche? und was bedeuten diese nummern? sind sie
schon abgelaufen? sind sie noch gut? (würg, lassen wir das.)
ihr könnt es euch vermutlich schon denken. ein ganzer haufen von
anderen antworten folgte auf dem fuße: hab ich nicht schon zuviele
kekse gegessen? werde ich davon dick? wie dick werde ich davon? ist da
viel fett drinnen? bin ich auf nüsse allergisch? in keksen ist doch
raffinierter zucker, oder? wer stellt eigentlich diese kekse her? was
macht diese firma außer kekse backen noch? wer muß sterben, damit
ich diese kekse kaufen kann? (auch diese frage hat er sich gestellt,
oh doch.) ist keksproduktion umweltfreundlich? wie kommt die luft in
das luftgebäck? sind kekse fckw-frei? (was jetzt fckw genau ist, tut
da nicht wirklich etwas zur sache; wir ratten wissen, daß was immer
es ist, es ist nicht in keksen; aber sagt das mal andreas.) immerhin,
diese antworten hatten auch 1 gute seite: andreas wechselte dann und
wann zu vollkornkeksen. die sind super. leider bekomme ich davon
blähungen, aber schmecken tun sie gut.
nicht daß ich es gut fände, wenn er immer vollkornkekse kaufen
würde, nur einen typ von antwort muß ich dennoch erwähnen, auch
wenn ich ihn gar nicht mag: im supermarkt steht er (seit er sich die
kekse selber kaufen darf) doch tatsächlich immer wieder vor dem
keksregal und überlegt hin und her und schaut auf den preis und auf
das gewicht (und versucht sich -- schon wieder -- zu erinnern, wie sie
das letzte mal geschmeckt haben), die stückzahl und die verpackung,
dann wieder auf den preis, kurz taucht noch die überlegung auf, ob's
zu den keksen eine werbung gibt, und ob er die kekse denn auch nicht
nur der werbung wegen kauft, und und und. mit dem ergebnis (das nicht
das schlechteste ist), daß immer wieder dieselben billigen keks gekauft
werden, jedenfalls wenn er nicht grad pleite ist.
eine antwort, die ich nicht mehr so genau in erinnerung hab (keine
ahnung warum), ging so ähnlich wie: ich nehm 2 kekse und schenke
eines her. oder: ich nehm ein keks und geb die hälfte ab. angeblich
soll's leute geben, die kekse nehmen und alle hergeben. die essen
selber gar keine kekse. das versteh ich überhaupt nicht. ich glaub's
ihnen auch nicht, und wenn, woher sollten die wissen, welche kekse
gut sind? naja, egal, andreas macht sowas nur selten (zum glück).
großteils erspart blieb mir auch (und dafür bin ich ihm sehr
dankbar) die antwort der selbstbelügung. das ist wieder etwas, was
wir ratten kaum nachvollziehen können, aber menschen schaffen das:
sie reden sich ein, sie brauchen keine kekse. sie glauben dann, sie
könnten ohne kekse leben. wenn sie dann auch wirklich auf kekse
verzichten, dann, freilich, hält das nicht lange an, und alles ist
schnell beim (guten) alten. ja, auch andreas hat das versucht, aber
nicht lang (dafür hab ich gesorgt).
übler ist da schon die schleichende selbstbeschwindelung: wenn kekse
in ihrer bedeutung runtergespielt werden (und dann soviele gegessen
werden, daß selbst uns schlecht würde und wird), oder so wenige
gegessen werden, daß die menschen irgendwann nicht mehr die kraft
haben, ein keks zum mund zu führen. (ratten aller länder, das
dürfen wir nicht zulassen!)
eine ziemlich gefinkelte antwort der letzten jahre (muß am alter
liegen), ist der versuch, das wollen an sich zu vermeiden. ein beachtlicher
schritt in die richtige richtung. vor allem, solange er das
keks mir überläßt. er hat nur selbst noch nicht ganz verstanden,
was das bedeutet. der abschluß dieser beobachtungen steht auch noch
aus.
meine lieblingsantwort ist die jüngste (lang hab ich darauf hinarbeiten
müssen): seit ein paar wochen backt er sich (uns :-)
die kekse selbst. das ist toll! auch wenn die kekse nicht so gut
werden, essen wir sie trotzdem. und viele fragen stellen sich dabei
erst gar nicht. und ... und andreas (mit meiner hilfe) kann das schon
ganz gut, die selbstgebackenen kekse sind gar nicht mal so schlecht.